Kurt, der Kommunismus und die Konservendosen

Kurt, der Kommunismus und die Konservendosen

Amaot-Schon in jungen Jahren erbte mein Großonkel Kurt den Betrieb von meinem UrUrgroßvater. Der starb schon früh an einer Bleivergiftung. Meinem UrUrgroßvater wurde seine Liebe zu Konservendosen zum Verhängnis. Er liebte Konservendosen so sehr, dass er sogar sein frisch geerntetes Gemüse in die Fabrik brachte und gegen Konserven eintauschte. „Konserven sind die Zukunft“, sagte er immer, wenn er abends auf der Bank vor seinem kleinen Betrieb saß und seine Feierabendpfeife stopfte. Da gab es auch keine Widerrede. Bei meinem UrUrgroßvater gab es nie eine Widerrede. Wenn er sagte die Wand ist schwarz, dann war die Wand schwarz. Da konnte sie noch so sehr in einem frischen Weiß erstrahlen.

Er war Kommunist aus Überzeugung. Und in seiner Überzeugung als Kommunist waren Konservendosen der Schlüssel zur Diktatur des Proletariates. „Engels sagt, im Kommunismus kann man morgens Fischer, mittags Landwirt und abends Weber sein, aber wenn die alle keine Ahnung davon haben, dann müssen wir ja irgendwo was zu fressen herbekommen. Da sollte man immer ein paar Konserven im Haus haben“; knurrte er. Leider war seine Theorie ebenso bleiern wie die Nähte der Konserven damals. Und so starb er an einer Bleivergiftung und Großonkel Kurt erbte die Buchstabendreherei am Rande der Stadt.

Doch die Zeiten waren nicht gut für Buchstabendreher. Und so musste er die Gesellen entlassen und den Betrieb schon nach kurzer Zeit schließen. Eine Zeitlang arbeitet er noch bei einer befreundeten Großdreherei als Buchstabenvertreter, aber der gesamten Satzbaubranchen ging es nicht gut. So suchte er schließlich sein Heil in der Landwirtschaft und verdingte sich als Knecht auf einem großen Bauernhof. Ein Beruf, der ihn nicht sonderlich ausfüllte.

Bis, ja bis er eines Tages aus Zufall die Nähmaschine erfand. Eigentlich wollte er die kaputte Mähmaschine reparieren, doch er baute einen falschen Buchstaben ein und fuhr mit einer Nähmaschine aus der Scheune. Als er seinen Fehler bemerkte, war es schon zu spät und er hatte das Feld genäht anstatt gemäht. Doch im gefiel, was er sah. Und so fuhr er durch die Lande und nähte überall, wo er vorbeikam Felder, Wälder und Wiesen zusammen bis der gewaltige grün-braune Flickenteppich entstand, den man noch heute aus der Luft erkennen kann, wenn man aus dem Flugzeugfenster sieht.

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